08.08.2023
KI-Tool in der kirchlichen Arbeit

Grundlegende Überlegungen zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz in Kirchlicher Arbeit

Aktuell ist ein Artikel in EKMintern (09/2023, S.28) erschienen, der sich mit der Frage nach KI und Gottesdienst auseinandersetzt. Schon im Februarheft (S.16) haben wir die Frage gestellt, ob man Chat-GPT nutzen sollte, um Andachten schreiben zu lassen. Dieser Online-Artikel baut darauf auf und möchte stärker technische Details und aktuelle Hintergründe beleuchten. Als Einstieg ins Thema empfiehlt es sich in jedem Fall, die verlinkten Artikel zuerst zu lesen.

Immer wieder berichten kirchliche Mitarbeitende von KI-Gottesdiensten oder medialen Formaten, bei denen sie ganz selbstverständlich KI-Tools eingesetzt haben. Andere Menschen snd zögerlich oder zurecht skeptisch. Denn eins ist klar: Man darf nicht einfach eine Aufgabe an KI delegieren und die Ergebnisse ungeprüft veröffentlichen, sondern muss sie prüfen und im Zweifel nachrecherchieren. In den letzten Jahren hat man gelernt, zu googeln und die Suchergebnisse kritisch zu prüfen. Was wir auf fremden Internetseiten finden, prüfen wir nach Urheber, Quellenangaben und Plausibilität. Und bei relevanten Informationen suchen wir nach mehreren unabhängigen Quellen zu einem Thema. So müssen wir auch mit Texten von ChatGPT, automatisch erstellten Grafiken, Audios, Videos oder Code umgehen. Als Erstinformation, Brainstorming oder Hilfsmittel sind die Ergebnisse oft gut geeignet, aber ein inhaltlicher Plausibilitätscheck, das Prüfen von Quellen und Fakten bleibt die Aufgabe des Menschen, der am Ende für das Ergebnis verantwortlich zeichnet. Und ähnlich wie menschliche Quellen ist es nur redlich, auch KI-Quellen transparent anzugeben.

Eine Kennzeichnungspflicht wird die EU voraussichtlich erst 2026 einführen. Wenn wir uns aktuelle Software-Entwicklungen bei Microsoft, Adobe, Canva, DaVinci-Resolve und zahlreiche ganz neu entstehende Generatoren für Bild, Text, Musik und Video anschauen, wird deutlich, dass wir uns dem Thema nicht entziehen können. Wer die aktuellsten Versionen von Photoshop & Co nutzt, setzt ganz nebenbei KI-Tools ein. Und auch in ganz alltäglichen Anwendungen wie Gesichts- oder Spracherkennung, Navigation, Assistenzfunktionen und der Auswertung von großen Datenmengen laufen nicht selten KI-Prozesse im Hintergrund. Dabei geht es nicht um wirkliche Intelligenz, sondern um Computerprogramme, die in der Lage sind, Informationen aus riesigen Datenmengen zu selektieren und nach Nutzerwunsch aufzuarbeiten. Das Ergebnis wirkt dann, als hätte die Maschine uns "verstanden" und mit uns "gesprochen" oder für uns etwas "gemalt". Allerdings handelt es sich nie um persönliche Interaktion, sondern um statistische Datenauswertung. Diese Unterscheidung ist wichtig, um einer zu starken persönlichen Bindung an KI-Assistenzsysteme zu vermeiden.

Für eine ethische Abschätzung, wie sich KI-Systeme entwickeln könnten, hilft ein Blick in die Medienwelt. Filme wie S1m0ne (2002), Her (2013), Ich bin dein Mensch (2021) oder die TV-Serie Real Humans/Humans (2012/2014) zeigen unaufgeregt und aus verschiedenen Blickwinkeln mögliche Entwicklungen auf. Einen sehr unterhaltsamen und erstaunliche tiefgründigen Einblick in eine potentielle nahe Zukunft mit KI-Assistenzsystemen stellt Marc-Uwe Klings Roman "Qualityland" (2017) dar und kann auch für Laien so zu einem tieferen Verständnis der Materie beitragen. Dabei ist es wichtg zu unterscheiden: Eine Superintelligenz existiert aktuell nicht, sondern aktuell arbeiten wir mit Sprachmodellen und regenerativen Algorithmen. Diese Maschinen und Computerprogramme werden von Menschen programmiert und eingesetzt. Wenn wir vor aktuellen Gefahren warnen, geht es also nicht um mächtige Maschinen, sondern um Menschen, die KI einsetzen, um sich einen Vorteil gegenüber anderen Menschen zu erwirtschaften und jene abhängig zu halten. Gesellschaftlich sind wir als Kirche ein Anwalt der Armen und Machtlosen. Daher sollten wir auch in digitalen Bereichen dafür eintreten, eine gleichberechtigte Zukunft zu prägen, indem wir fundierte Meinungen und reflektierten Umgang stärken.

Aber wie gehen wir heute ganz praktisch mit KI-Tools um?
Erstmal nicht anders als mit anderen Assistenzsystemen: Abwägen, wo eine Unterstützung hilft und wo sie eher stört. Bei der Nutzung Quellen angeben und trennen, was man selbst erstellt und was übernommen hat. Und im Zweifel immer prüfen, ob ein fremder Inhalt sachlich richtig ist. Also egal, ob man in einer Predigt ein zufällig im Internet gefundenes Zitat oder eine von KI generierte Information einbauen möchte, muss man selber die Verantwortung übernehmen und sich absichern, dass man keine Falschinformationen teilt. Denn bei allem Universalwissen ist Chat-GPT bekannt dafür, immer mal gravierende Wissenslücken mit willkürlichen Falschinformationen zu füllen. Hier ist also blindes Vertrauen nicht angebracht.

Eine fiktive Beispielgeschichte als Illustration, ein meditatives Bild zu einem Thema oder ein automatisierter SocialMedia Post können da unproblematischer sein. Natürlich muss auch da jeder Mensch abwägen, wo der eigene Stil, die eigene Kunst und die eigene gestalterische Kompetenz wertvoll ist und wo ein schnelleres Ergebnis ohne den persönlichen Mehrwert ausreicht. Wichtig dabei: Oft sind KI-Tools als Demo oder in eingeschränktem Umfang kostenlos. Wer einen kommerziellen Dienst effektiv nutzen möchte, muss in den meisten Fällen Geld dafür ausgeben, wie bei anderer Software auch. Daher gilt: Prüfen, abwägen, das nutzen, was hilft. Außerdem entbindet uns die neue Technik nicht von Urheberrecht und Datenschutz. Sensible Dokumente sollten nie mit anonymen Online-Tools geteilt werden! Viele Funktionen werden auch in klassischen Editoren (Photoshop, Premiere, DaVinci Ressolve etc) Einzug erhalten, sodass keine extra Services beauftragt werden müssen, wenn man so ein Produkt ohnehin schon nutzt. Die ethischen Fragen bleiben natürlich auch dann bestehen.

Weiterführende Links zum Thema:

Wie gehen Sie als Pfarrperson oder Mitarbeiter:in der EKM mit KI-Tools in der Gemeindearbeit um? Ich freue mich über Erfahrungsaustausch.
Bei Fragen oder Erfahrungen lassen Sie uns gerne ins Gespräch kommen.

Karsten Kopjar, SocialMedia-Koordinator

 

 


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